Integrales Bewusstsein

Die Offenbarung der Evolution

Seit der Entdeckung des Urknalls in den 1960er Jahren haben die Physiker wichtige Fortschritte in ihrem Verständnis der evolutionären Natur des materiellen Universums gemacht. Und wenn dieses neue Verständnis der kosmischen Evolution mit den immer weiter ausformulierten neo-darwinistischen Erkenntnissen über die biologische Evolution verbunden wird, zeigt sich die wissenschaftliche Geschichte der Ursprünge des Menschen als eine Ganzheit. Aber obwohl diese wissenschaftliche Geschichte der Evolution schön und inspirierend ist, sehen wir aus einer integralen Perspektive, dass es nur die äußere Geschichte ist. Das integrale Bewusstsein kann erkennen, dass Evolution sich nicht nur im äußeren Universum von Materie und Leben entfaltet, sondern auch im inneren Universum von Bewusstsein und Kultur.

Ich leben mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge Ziehn. Integrales Bewusstsein weitet die Perspektiven öffnet Horizonte.
Ich lebe mein Leben – Rainer Maria Rilke

Ganzheitliches Denken

Unsere heutige Denkweise basiert immer noch auf der statischen, inzwischen überholten Wahrnehmung der klassischen Physik. Die Physiker des 20. Jahrhunderts haben diese Denkweise längst überwunden, dies nachzuvollziehen ist jetzt jeder einzelne wie auch die gesamte Gesellschaft aufgerufen. Weiterleben kann die Menschheit nur, wenn sie lernt, von Grund auf anders zu denken und zu leben – nicht mehr quantitativ, linear auf eindimensionaler Logik aufbaut, sondern qualitativ, komplex, in vernetzten Systemen.

Krise und Wandlung

Die neuen Vorstellungen der Physik haben unser Weltbild tiefgreifend verändert – von der mechanistischen Vorstellungswelt eines Descartes („Ich denke, also bin ich“) und Newton („Kräfte wirken immer wechselseitig“) zu einer ganzheitlichen Sicht. Die Erforschung der atomaren und subatomaren Welt brachte sie in Kontakt mit einer seltsamen und unerwarteten Wirklichkeit. In ihrem Ringen darum, diese neue Wirklichkeit zu erfassen, wurden sich die Naturwissenschaftler schmerzlich bewusst, dass ihre Grundbegriffe, ihre Sprache, ja sogar ihre gesamte Denkweise für die Beschreibung der atomaren Phänomene ungeeignet waren. Diese Probleme waren nicht nur intellektueller Art, sondern erwiesen sich als eine tiefe emotionale und, man könnte fast sagen, existentielle Krise. Sie brauchten lange um diese Krise zu überwinden, wurden jedoch schließlich mit tiefen Einsichten in das Wesen der Materie belohnt.

Alles ist miteinander verknüpft

Es scheint so, dass sich unsere Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gegenwärtig in einer ähnlichen Krise befindet. Nur ist unsere heutige Krise noch wesentlich dramatischer, da das Überleben der gesamten Menschheit auf dem Spiel steht.

Je mehr man sich mit diesen schwerwiegenden Problemen beschäftigt, desto mehr kommt man zur Einsicht, dass es sich hier um systemische Probleme handelt, das heißt, um Probleme, die alle miteinander verknüpft und voneinander abhängig sind.

Die Krise der Wahrnehmung

Die Grundthese lautet deshalb, dass all diese Probleme letztlich als unterschiedliche Facetten ein und derselben Krise gesehen werden müssen, welche im Wesentlichen eine Krise der Wahrnehmung ist. Sie ist eine Folge der Tatsache, dass die meisten unter uns, und vor allem unsere mächtigen gesellschaftlichen Institutionen, an einem überholten Weltbild festhalten, an einer Weltanschauung, die zur Lösung der vielfältigen Probleme in unserer global vernetzten Welt ungeeignet ist. Erst wenn wir die Welt anders wahrnehmen, werden wir anders handeln können.

Gleichzeitig wird an den Grenzbereichen der Wissenschaft und gesellschaftlichen Bewegungen eine neue Sicht der Wirklichkeit entwickelt, welche die Grundlage unserer zukünftigen Technologien, Wirtschaftssysteme und gesellschaftlichen Institutionen bilden wird. Ein tiefgreifender Wandel unserer Weltbilder und Wertvorstellungen, der sogenannte „Paradigmenwechsel“.

Das Weltbild oder Paradigma (Modell, Muster), das jetzt langsam zurücktritt, hat unsere Kultur mehrere hundert Jahre lang beherrscht und hat während dieser Zeit die ganze Welt wesentlich beeinflusst. Es enthält eine Anzahl von Ideen und Wertvorstellungen: darunter die Auffassung, das Universum sein ein mechanisches System, das aus materiellen Grundbausteinen besteht; das Bild des menschlichen Körpers als einer Maschine; die Vorstellung des Lebens in der Gesellschaft als eines ständigen Konkurrenzkampfes um die Existenz; dem Glauben an unbegrenzten materiellen Fortschritt durch wirtschaftliches und technisches Wachstums; und – nicht zuletzt! – den Glauben, dass eine Gesellschaft, in der das Weibliche überall dem Männlichen untergeordnet ist, einem grundlegenden Naturgesetzt folgt. Alle diese Annahmen haben sich während der letzten Jahrzehnte als sehr begrenzt erwiesen und bedürfen einer radikalen Neuformulierung.

Teile und Ganzheiten

Alle lebenden Systeme sind Ganzheiten, deren spezifische Strukturen sich aus den wechselseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten ihrer Teile ergeben. Obwohl wir in jedem System Einzelteile unterscheiden können, ist das Ganze immer etwas anderes als die bloße Summe seiner Teile. Im absoluten Sinne existieren Teile und Ganzheiten überhaupt nicht. Arthur Koestler hat das Wort „Holonen“ geprägt für diese Untersysteme, die zugleich Ganzes und Teil sind. Er hat betont, dass jedes Holon zwei entgegengesetzte Tendenzen verfolgt: Eine integrierende Tendenz möchte als Teil des größeren Ganzen fungieren, während eine Tendenz zur Selbstbehauptung die individuelle Autonomie zu bewahren strebt. Diese beiden Tendenzen sind gegensätzlich und doch komplementär. In einem gesunden System – einem Individuum (individuelles Holon) oder einer Gesellschaft (soziales Holon) – halten sich Integration und Selbstbehauptung im Gleichgewicht. Dieses Gleichgewicht ist nicht statisch, sondern besteht aus einem dynamischen Wechselspiel zwischen den beiden komplementären Tendenzen, was das gesamte System flexibel und offen für den Wandel hält.

Selbstbehauptung und Integration

Nunmehr wird die Beziehung zwischen der modernen Systemlehre und dem alten chinesischen Denken deutlich. Die chinesischen Weisen scheinen die grundlegende Polarität erkannt zu haben, welche lebende Systeme kennzeichnet. Selbstbehauptung erreicht man durch Yang-Verhalten, wenn man fordernd, aggressiv, wettbewerbs-, und nach außen orientiert ist, und – soweit es sich um menschliches Verhalten handelt – durch Anwendung linearen, analytischen Denkens. Integration wird gefördert durch Yin-Verhalten; dann ist man empfangend, kooperativ, intuitiv und umweltbewusst. Sowohl Yin als auch Yang, die integrierenden und selbstbehauptenden Tendenzen, sind für harmonische gesellschaftliche Beziehungen notwendig.

Das Tao als kosmischer Prozess

Für die chinesischen Philosophen war die Wirklichkeit, deren innerstes Wesen sie Tao nannten, ein Prozess kontinuierlichen Fließens und Wandels. Ihrer Anschauung nach nehmen alle Vorgänge, die wir beobachten, an diesem kosmischen Prozess teil und sind auf diese Weise von Natur aus dynamisch. Es ist eine Haupteigenschaft des Tao, dass seine ständige Bewegung zyklisch verläuft. Alle Entwicklungen in der Natur – die physischen ebenso wie die psychischen und die gesellschaftlichen – laufen zyklisch ab.

Die Chinesen geben dieser Idee durch Einführung der polaren Komplemente Yin und Yang eine definitive Struktur, wobei die beiden Pole den Zyklen des Wandels Grenzen setzen. Nachdem das Yang seinen Gipfel erreicht, zieht es sich zugunsten des Yin zurück; hat das Yin einen Gipfel erreicht, zieht es sich zugunsten des Yang zurück. Das Universum befindet sich in pausenloser Bewegung und Aktivität, in einem kontinuierlichen kosmischen Prozess, den die Chinesen das Tao – den „Weg“ – nannten. Enthält man sich jedes naturwidrigen Handelns, dann ist man in Harmonie mit dem Tao, und dann wird das eigenen Handeln erfolgreich sein.

Polarität und Dualität

Polarität ist die lebendige Konstellation des Sich-Ergänzenden, des Sich-Entsprechenden, des Einander-Bedingenden: Tag und Nacht; männliches und weibliches Prinzip; Angst und Vertrauen; Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind beispielsweise Polaritäten, die man nicht ungestraft als sich gegenseitig bekämpfende und einander ausschließende Gegensätze werten darf. Ihre voneinander abhängigen und aufeinander bezogenen Pole bilden eine Ganzheit und bewirken die das Leben ermögliche Spannung, die auch Voraussetzung des Schöpferischen ist.

Dualität, Dualismus ist die Lehre von der Zweiteilung und Gegensätzlichkeit der Dinge durch unsere Ratio. Gegensätze sind unvereinbar, einander bekämpfende Größen, sie spalten die Wirklichkeit, wie es durch das „Entweder-Oder“ geschieht. Die ungenügende Unterscheidung zwischen Polarität und Dualismus führt noch immer zu Fehlinterpretationen; dadurch wird gefeindlicht, was aufeinander angewiesen ist. Unsauberes Denken hat sich noch immer gerächt. Verworrenes Denken folgt stets verworrenes Handeln.

Integrales Bewusstsein

Der Versuch, die Konsequenzen aus den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ziehen, eröffnet uns den Zugang zu der neuen Wirklichkeitserfassung integraler Art. Denn das Diesseits ist im Jenseits enthalten, der Tod im Leben, das Sichtbare im Unsichtbaren und das hiesige Handeln im meditativen Geistigen. Sie sind keine Dualitäten, keine Gegensätze, sondern einander ergänzende Polaritäten. Wem diese Zusammenhänge transparent werden, der ist bereits vom integralen Bewusstsein geprägt und nimmt die Möglichkeiten der neuen Wirklichkeit wahr. In dem Maße, wie wir das neue, das integrale Bewusstsein auszubilden vermögen, wachsen uns die Kräfte zu, dank derer wir der Menschheit und damit auch uns die Chance geben, noch einmal zu überleben.

Das Paradigma der Newtonschen Weltmaschine

Die Weltanschauung und das Wertesystem, welches die Grundlage unserer Kultur bilden und die sorgfältig neuformuliert werden müssen, haben sich in ihren wesentlichen Umrissen im 16. und 17. Jahrhundert ausgeprägt. Zwischen 1500 und 1700 veränderte sich auf bemerkenswerte Weise sowohl die Art, wie Menschen die Welt beschreiben, als auch ihre gesamte Denkweise. Die neue Mentalität und die neue Auffassung vom Kosmos verliehen unserer abendländischen Zivilisation die Eigenschaften, die für die moderne Ära charakteristisch sind. Sie wurden zur Grundlage des Paradigmas, das unsere Kultur während der letzten drei Jahrhunderte beherrscht hat und sich jetzt zu ändern anschickt.

Der wirkliche Wandel in der wissenschaftlichen Weltanschauung jedoch war das Werk von Galileo Galilei. Galilei war der erste, der wissenschaftliche Experimente mit der Anwendung mathematischer Sprache verknüpfte, um die von ihm entdeckten Naturgesetze zu formulieren. Deshalb gilt er als Vater der modernen Wissenschaft.

Galileis Strategie, die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf quantifizierbare Eigenschaften der Materie zu lenken, hat sich in der modernen Wissenschaft als äußerst nützlich erwiesen, aber auch einen hohen Tribut verlangt: „Dahin schwinden Sicht, Klang; dahin sind auch Gefühle, Motive, Absichten, Seele, Bewusstsein, Geist. Die Erfahrung an sich ist aus dem Reich wissenschaftlicher Forschung ausgestoßen worden“ erinnert der britische Psychiater R. D. Laing.

Während Galilei in Italien einfallsreiche Experimente ersann, führte Francis Bacon die empirische Wissenschaftsmethode in England ein. D.h. Experimente zu machen und aus ihnen allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen, die dann in weiteren Experimenten überprüft werden.

Der „Geist Bacons“ veränderte tiefgreifend die Art und Zielsetzung wissenschaftlicher Forschung. Seit der Antike war es das Ziel der Wissenschaft gewesen, Weisheit, Verständnis für die natürliche Ordnung und das Leben in Harmonie mit dieser Ordnung zu gewinnen. Wissenschaft betrieb man „zum Ruhme Gottes“ oder, wie die Chinesen es formulierten, um „der natürlichen Ordnung zu folgen“ und „im Strome des Tao zu fließen“.

Dieser Wandel, der für die weitere Entwicklung der abendländischen Zivilisation außerordentlich bedeutsam werden sollte, wurde von zwei alles überragenden Persönlichkeiten des 17. Jahrhunderts in Gang gebracht – von Descartes und Newton.

René Descartes gilt im allgemeinen als Begründer der modernen Philosophie. Seine Berufung im Leben war es, in allen Wissenschaftsbereichen die Wahrheit vom Irrtum zu scheiden. Das entscheidende Element in der Methode von Descartes war der Zweifel. Er bezweifelte alles, was ihm nur zu bezweifeln gelang – das gesamte überlieferte Wissen, die eigenen Sinneseindrücke, selbst die Tatsache, dass er einen Körper besaß – bis er schließlich bei etwas anlangte, was er nicht bezweifeln konnte, nämlich die Existenz seiner selbst als die eines Denkenden. Auf diese Weise gelangte er zu seiner berühmten Feststellung „Cogito ergo sum“, „Ich denke, also bin ich“.

Die Methode von Descartes war analytisch. Sie bestand darin, Gedanken und Probleme in Stücke zu zerlegen und diese in ihrer logischen Ordnung aufzureihen. Diese analytische Denkmethode ist wahrscheinlich Descartes‘ größter Beitrag zur Wissenschaft. In Descartes‘ „cogito“, wie man es später genannt hat, ist der Geist gewisser als die Materie. Das brachte ihn zu der Schlussfolgerung, die beiden seinen getrennt und fundamental voneinander verschieden.

Werner Heisenberg, der deutsche Physiker, schrieb dazu: „Diese Spaltung hat sich in den auf Descartes folgenden drei Jahrhunderten tief im menschlichen Geist eingenistet, und es wird noch viel Zeit vergehen, bis sie durch eine wirklich andersartige Haltung gegenüber dem Problem der Wirklichkeit ersetzt werden wird.“

Für Descartes war das materielle Universum eine Maschine und nichts als eine Maschine. In der Materie gab es weder einen Sinn noch Leben, noch Spiritualität. Er teilte die Ansicht von Bacon, das Ziel der Wissenschaft sei die Beherrschung und Kontrolle der Natur, wobei er bekräftigte, wissenschaftliche Kenntnisse könnten genutzt werden, „um uns zu Herren und Besitzern der Natur zu machen“.

Der Mann, der die Wissenschaftliche Revolution vervollständigte, war Isaac Newton, der 1642, im Todesjahr von Galilei, in England geboren wurde. Newton entwickelte eine vollständige mathematische Ausformulierung der mechanischen Naturauffassung und schuf damit eine großartige Synthese der Arbeiten von Kopernikus und Kepler, Bacon, Galilei und Descartes.

Wie Descartes neigte Newton zu der Idee, sein mächtiger Verstand könne dem Universum alle Geheimnisse entreißen. Er nutzte diesen Verstand mit der gleichen Intensität für das Studium der Naturwissenschaft wie für das der esoterischen Wissenschaften. Die meisten seiner esoterischen Schriften wurden niemals veröffentlicht; was jedoch von ihnen bekannt ist, deutet darauf hin, dass Newton, der große Genius der Wissenschaftlichen Revolution, zugleich auch „der letzte Magier“ war.

Aus Newtons Sicht hat Gott am Anfang die Masseteilchen, die Kraft zwischen ihnen und die Grundgesetze der Bewegung geschaffen. Auf diese Art wurde das gesamte Universum in Bewegung gesetzt und läuft seitdem wie eine Maschine, gelenkt von unabänderlichen Gesetzen. Die mechanische Weltanschauung ist somit eng verbunden mit einem strengen Determinismus, mit der Auffassung einer kausalen und völlig deterministischen kosmischen Maschine.

Dieses Bild einer vollkommenen Weltmaschine erforderte einen außerhalb stehenden Schöpfer, einen monarchischen Gott, der die Welt von oben regiert, indem er ihr seine göttlichen Gesetze auferlegt. Die physikalischen Vorgänge selbst galten nicht als göttlich, und als die Wissenschaft es zunehmend schwieriger machte, an einen solchen Gott zu glauben, verschwand das Göttliche vollkommen aus der wissenschaftlichen Weltanschauung und ließ jenes spirituelle Vakuum zurück, das so charakteristisch für den Hauptstrom unserer Kultur geworden ist.

Während des 19. Jahrhunderts arbeiteten Wissenschaftler weiter am mechanistischen Modell des Universums in der Physik, Chemie, Biologie, Psychologie und in den Sozialwissenschaften. Das Ergebnis war, dass die Newtonsche Weltmaschine eine viel komplexere und subtilere Struktur erhielt. Gleichzeitig machten neue Entdeckungen und neue Formen des Denkens die Grenzen des Newtonschen Modells deutlich und bereiteten den Weg für die wissenschaftlichen Revolutionen des 20. Jahrhunderts.

Dieses Bild einer vollkommenen Weltmaschine erforderte einen außerhalb stehenden Schöpfer, einen monarchischen Gott, der die Welt von oben regiert, indem er ihr seine göttlichen Gesetze auferlegt. Die physikalischen Vorgänge selbst galten nicht als göttlich, und als die Wissenschaft es zunehmend schwieriger machte, an einen solchen Gott zu glauben, verschwand das Göttliche vollkommen aus der wissenschaftlichen Weltanschauung und ließ jenes spirituelle Vakuum zurück, das so charakteristisch für den Hauptstrom unserer Kultur geworden ist.

Während des 19. Jahrhunderts arbeiteten Wissenschaftler weiter am mechanistischen Modell des Universums in der Physik, Chemie, Biologie, Psychologie und in den Sozialwissenschaften. Das Ergebnis war, dass die Newtonsche Weltmaschine eine viel komplexere und subtilere Struktur erhielt. Gleichzeitig machten neue Entdeckungen und neue Formen des Denkens die Grenzen des Newtonschen Modells deutlich und bereiteten den Weg für die wissenschaftlichen Revolutionen des 20. Jahrhunderts.

Schon seit der Antike befassten sich Philosophen mit der Idee einer „großen Kette des Seins“. Diese Kette war jedoch als eine statische Hierarchie gedacht, die mit Gott an der Spitze begann und über Engel, die Menschen und Tiere bis zu den niederen Lebensformen hinunterreichte.

Die Entdeckung der Evolution zwang die Wissenschaftler, das Universum als ein sich entwickelndes und ständig sich änderndes System zu beschreiben, in dem sich komplexe Strukturen aus einfacheren Formen bilden.

Am Anfang der neuen Physik stand die außergewöhnliche intellektuelle Großtat eines Mannes – Albert Einstein. In zwei Arbeiten, beide 1905 veröffentlicht, begründete Einstein zwei revolutionäre Denkrichtungen. Die eine war seine Spezielle Relativitätstheorie, die andere eine neue Betrachtungsweise der elektromagnetischen Strahlung, die charakteristisch für die Quantentheorie, die Theorie von atomaren Phänomenen, werden sollte.

Die andere wesentliche Entwicklung in der Physik des 20. Jahrhunderts ergab sich aus der experimentellen Erforschung der Atome. Um die Jahrhundertwende entdeckten Physiker mehrere mit der Struktur der Atome zusammenhängende Phänomene, beispielsweise Röntgenstrahlen und Radioaktivität, die mit den Begriffen der klassischen Physik nicht erklärt werden konnten.

Diese Erforschung der atomaren und subatomaren Welt brachte die Wissenschaftler in Kontakt mit einer fremdartigen und unerwarteten Wirklichkeit, welche die Grundlagen ihrer Weltanschauung zum Einsturz brachte und sie zwang, ihr Denken ganz neu auszurichten.

Die Quantentheorie oder Quantenmechanik, wie sie auch genannt wird, wurde während der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts von einer internationalen Gruppe von Physikern formuliert, zu der Max Planck, Albert Einstein, Niels Bohr, Louis de Broglie, Erwin Schrödinger, Wolfgang Pauli, Werner Heisenberg und Paul Dirac gehörten.

Die Auswirkungen der Quantentheorie auf die Vorstellungen der Physiker von der Wirklichkeit waren geradezu erschütternd. Die neue Physik erforderte tiefgreifende Änderungen von Grundbegriffen wie Raum, Zeit, Materie, Gegenstand, Ursache und Wirkung. Und da diese Vorstellungen von so fundamentaler Bedeutung für die Art und Weise sind, auf die wir die Welt erfahren, bedeutete ihre Umgestaltung einen großen Schock. Um Heisenberg zu zitieren: „Diese heftige Reaktion auf die jüngste Entwicklung der modernen Physik kann man nur verstehen, wenn man erkennt, dass hier die Fundamente der Physik und vielleicht der Naturwissenschaft überhaupt in Bewegung geraten waren und dass diese Bewegung ein Gefühl hervorgerufen hat, als würde mir der Boden, auf dem die Wissenschaft steht, unter den Füßen weggezogen.“

Einstein erfuhr denselben Schock, als er zum ersten Mal mit der neuen Wirklichkeit der Atomphysik in Berührung kam. Er beschrieb seine Gefühle mit Ausdrücken, die denen von Heisenberg sehr nahekamen: „Alle meine Versuche, die theoretischen Grundlagen der neuen Physik dieser neuen Art von Wissen anzupassen, haben völlig versagt. Es war, als ob mir der Boden unter den Füßen weggezogen würde, mit keinem festen Fundament irgendwo in Sicht, auf dem man hätte bauen können.“ Aus dieser revolutionären Wandlung unserer Vorstellung von der Wirklichkeit, die von der neuen Physik in Gang gebracht wurde, geht heutzutage eine in sich stimmige Weltanschauung hervor.

Die experimentelle Erforschung der Atome zu Beginn des 20. Jahrhunderts brachte sensationelle und völlig unerwartete Ergebnisse. Die Atome waren keinesfalls die harten und festen Teilchen, für die man sie immer gehalten hatte, sondern erwiesen sich als weiter Raum, in dem sich extrem kleine Teilchen – die Elektronen – um den Kern bewegen. Einige Jahre später machte die Quantentheorie deutlich, dass selbst die subatomaren Teilchen – die Elektronen sowie die Protonen und Neutronen innerhalb des Kerns – keine Festkörper im Sinne der klassischen Physik sind. Die subatomaren Einheiten der Materie sind sehr abstrakte Gebilde mit einer doppelten Natur. Je nachdem wir sie ansehen, erscheinen sie manchmal als Teilchen, manchmal als Wellen. Diese Doppelnatur zeigt auch das Licht, das als elektromagnetische Schwingung oder als Teilchen auftreten kann.

Es scheint unmöglich, den Gedanken zu akzeptieren, dass etwas gleichzeitig ein Teilchen sein kann, also eine auf ein sehr kleines Volumen begrenzte Einheit, und eine Welle, die sich über einen weiten Raum erstreckt. Und doch mussten die Physiker genau das akzeptieren. Die Situation schien hoffnungslos paradox, bis man erkannte, dass die Ausdrücke „Teilchen“ und „Welle“ sich auf klassische Vorstellungen beziehen, die nicht völlig ausreichen, um atomare Erscheinungen zu beschreiben.

Zum besseren Verständnis dieser Beziehungen zwischen Paaren klassischer Vorstellungen führte Niels Bohr den Begriff der Komplementarität ein. Für ihn waren das Teilchenbild und das Wellenbild zwei sich ergänzende Beschreibungen derselben Wirklichkeit, von denen jede nur teilweise richtig war und eine beschränkte Anwendungsmöglichkeit hatte. Die moderne Idee der Komplementarität ist eindeutig schon im alten chinesischen Denken vorhanden, eine Tatsache, die Niels Bohr tief beeindruckte.

Beim Eindringen in die Materie finden wir keine isolierten Grundbausteine, sondern vielmehr ein kompliziertes Gewebe von Beziehungen zwischen den verschiedenen Teilen eines einheitlichen Ganzen. Heisenberg drückte das so aus: „So erscheint die Welt als kompliziertes Gewebe von Vorgängen, in dem sehr verschiedenartige Verknüpfungen sich abwechseln, sich überschneiden und zusammenwirken und auf diese Art und in dieser Weise schließlich die Struktur des ganzen Gewebes bestimmen.“ Die subatomaren Teilchen – und somit letztlich alle Teile des Universums – können nicht als isolierte Einheiten verstanden werden, sondern lassen sich nur durch ihre Wechselbeziehungen definieren.

Jedes Ereignis wird vom gesamten Universum beeinflusst, und obwohl wir diesen Einfluss nicht in Einzelheiten beschreiben können, erkennen wir doch eine Ordnung, die in statistischen Gesetzen ausgedrückt werden kann.

Während in der klassischen Mechanik die Eigenschaften und das Verhalten der Teile das Ganze bestimmen, ist die Lage in der Quantenmechanik umgekehrt: es ist das Ganze, das das Verhalten der Teile bestimmt. In der Atomphysik kann man das beobachtete Phänomen nur als Korrelation zwischen verschiedenen Vorgängen der Beobachtung und Messung verstehen, wobei das Ende dieser Kette von Vorgängen stets im Bewusstsein des menschlichen Beobachters liegt.

Werner Heisenberg in Urfeld am Walchensee in Bayern

Inmitten des wachsenden Interesses an der Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion ist es immer nützlich, zu den bahnbrechenden Begründern der modernen Physik zurückzukehren und zu lesen, was sie selbst zu diesem wichtigsten Thema zu sagen hatten. Wenn man mit den wirklich ultimativen Fragen der Existenz konfrontiert wird, besteht die allgemeine Tendenz darin, anzunehmen – oder zumindest zu hoffen –, dass Physik und Mystik irgendwie zu ähnlichen Antworten gelangen würden, dass die Physik irgendwie eine mystische Weltanschauung unterstützen oder sogar beweisen würde.

Von Einstein bis Eddington, von Bohr bis Planck, von Heisenberg bis Pauli lehnten sie diese Schlussfolgerung einhellig ab. Sie lehnten die Vorstellung ab, dass die Physik den Mystizismus beweise oder gar unterstütze, und doch war jeder von ihnen ein bekennender Mystiker! Wie kann das sein? Ganz einfach, sie alle erkannten, dass es in der Physik zumindest um die Welt der Form geht und in der Mystik um das Formlose. Beides ist wichtig, aber nicht gleichzusetzen. Physik kann durch das Studium von Fakten und Mathematik erlernt werden, Mystik jedoch nur durch einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel. Diese beiden zu verwechseln bedeutet, sowohl Wissenschaft als auch Spiritualität falsch zu verstehen und zu verzerren.

Physik und Mystik, Physik und Mystik, Physik und Mystik. . . In den 1970er Jahren sind buchstäblich dutzende Bücher von Physikern, Philosophen, Psychologen und Theologen erschienen, die vorgeben, die außergewöhnliche Beziehung zwischen der modernen Physik, der härtesten aller Wissenschaften, und der Mystik, der ältesten Religion, zu beschreiben oder zu erklären. Physik und Mystik nähern sich schnell einer bemerkenswert gemeinsamen Weltanschauung, sagen einige. Andere berichten, dass es sich um komplementäre Ansätze zur gleichen Realität handele. Nein, sie hätten nichts gemeinsam, verkünden die Skeptiker; Ihre Methoden, Ziele und Ergebnisse sind diametral entgegengesetzt. Tatsächlich wurde die moderne Physik genutzt, um Determinismus, freien Willen, Gott, Geist, Unsterblichkeit, Kausalität, Prädestination, Buddhismus, Hinduismus, Christentum und Taoismus sowohl zu unterstützen als auch zu widerlegen.

Tatsache ist, dass jede Generation versucht hat, die Physik sowohl zum Beweis als auch zur Widerlegung des Geistes zu nutzen – was uns genau hier etwas sagen sollte. Platon verkündete, dass die gesamte Physik, wie er es ausdrückte, nichts weiter als eine „wahrscheinliche Geschichte“ sei, da sie letztlich nur auf den Beweisen der flüchtigen und schattenhaften Sinne beruhe, während die Wahrheit in den transzendentalen Formen jenseits der Physik liege (daher „Metaphysik“). Demokrit hingegen vertraute seitdem auf „Atome und die Leere“, da seiner Meinung nach nichts anderes existierte – eine Vorstellung, die Platon so widerwärtig war, dass er den stärksten Wunsch äußerte, alle Werke Demokrits an Ort und Stelle zu verbrennen.

Als die Newtonsche Physik die Oberhand gewann, griffen die Materialisten auf die Physik zurück, um zu beweisen, dass es, da das Universum offensichtlich eine deterministische Maschine war, keinen Raum für freien Willen, Gott, Gnade, göttliches Eingreifen oder irgendetwas anderes geben konnte, das auch nur entfernt diesem Geist ähnelte. Dieses scheinbar undurchdringliche Argument hatte jedoch keinerlei Auswirkungen auf die spirituell gesinnten oder idealistischen Philosophen.

Als die Relativitätstheorie auf den Plan trat, wiederholte sich das ganze Drama. Kardinal O’Connell aus Boston warnte alle guten Katholiken, die Relativitätstheorie sei „eine vernebelte Spekulation, die universelle Zweifel an Gott und seiner Schöpfung hervorruft“; die Theorie sei „eine grässliche Erscheinung des Atheismus“. Rabbi Goldstein hingegen verkündete feierlich, Einstein habe nichts Geringeres getan, als „eine wissenschaftliche Formel für den Monotheismus“ zu liefern. In ähnlicher Weise wurden die Arbeiten von James Jeans und Arthur Eddington von den Kanzeln in ganz England mit Jubel begrüßt – die moderne Physik stützt das Christentum in allen wesentlichen Aspekten! Das Problem war nur, dass Jeans und Eddington mit dieser Aufnahme keineswegs einverstanden waren, auch nicht miteinander, was Bertrand Russell zu dem berühmten Witz veranlasste, dass „Sir Arthur Eddington die Religion aus der Tatsache ableitet, dass Atome nicht den Gesetzen der Mathematik gehorchen. Sir James Jeans leitet sie aus der Tatsache ab, dass sie es tun.“

Welche Beziehung besteht, wenn überhaupt, zwischen der modernen Physik und der transzendentalen Mystik? Hat die Physik irgendeinen Einfluss auf die Fragen des freien Willens, der Schöpfung, des Geistes und der Seele? Welche Rolle spielen Wissenschaft und Religion jeweils? Beschäftigt sich die Physik überhaupt mit der Realität, oder beschränkt sie sich notwendigerweise auf das Studium der Schatten in der Höhle?

Nach allgemeinem Konsens beweist oder widerlegt die moderne Physik weder eine mystisch-spirituelle Weltanschauung, noch unterstützt oder widerlegt sie diese. Der Versuch, eine spirituelle Weltanschauung mit Daten aus der alten oder neuen Physik zu untermauern, bedeutet einfach, das Wesen und die Funktion der beiden völlig falsch zu verstehen. Wie Einstein selbst sagte: „Die gegenwärtige Mode, die Axiome der physikalischen Wissenschaft auf das menschliche Leben anzuwenden, ist nicht nur ein völliger Fehler, sondern hat auch etwas Verwerfliches an sich.“ Als Erzbischof Davidson Einstein fragte, welche Auswirkungen die Relativitätstheorie auf die Religion habe, antwortete Einstein: „Keine. Die Relativitätstheorie ist eine rein wissenschaftliche Theorie und hat nichts mit Religion zu tun“ – worauf Eddington witzig bemerkte: „Damals musste man Experte darin werden, Leuten auszuweichen, die davon überzeugt waren, dass die vierte Dimension die Tür zum Spiritismus sei.“

Eddington hatte natürlich (wie Einstein) eine zutiefst mystische Weltanschauung, aber er war in diesem Punkt absolut entschlossen: „Ich behaupte nicht, dass die neue Physik ‚die Religion beweist‘ oder gar eine positive Begründung für den religiösen Glauben liefert… . Ich für meinen Teil bin völlig gegen jeden solchen Versuch.“ Schrödinger war ebenso unverblümt: „Die Physik hat nichts damit zu tun. Die Physik geht von der alltäglichen Erfahrung aus, die sie mit subtileren Mitteln fortsetzt. Sie bleibt mit ihr verwandt, sie transzendiert sie nicht allgemein, sie kann nicht in ein anderes Reich eintreten.“ Der Versuch, dies zu tun, sei schlichtweg „unheilvoll“: „Das Territorium, aus dem sich die bisherige Wissenschaft zurückziehen soll, wird mit bewundernswertem Geschick als Spielwiese einer religiösen Ideologie beansprucht, die es nicht wirklich gewinnbringend nutzen kann, weil ihr [der Religion] wahrer Bereich weit jenseits der Reichweite wissenschaftlicher Erklärung liegt.“

Plancks Ansicht war, dass Wissenschaft und Religion sich mit zwei sehr unterschiedlichen Dimensionen der Existenz befassen, zwischen denen es seiner Meinung nach weder einen Konflikt noch eine Übereinstimmung geben kann, genauso wenig wie wir beispielsweise sagen können, dass Botanik und Musik im Konflikt oder in Übereinstimmung stehen.

Dementsprechend müssen wir für die Gründe, aus denen diese Theoretiker die „Physik-unterstützt-Mystik“-Ansicht ablehnten, woanders suchen als in der angeblichen Tatsache, dass sie mit mystischer Literatur oder Erfahrung nicht vertraut waren. Die zentrale mystische Erfahrung kann fairerweise (wenn auch etwas poetisch) wie folgt beschrieben werden: Im mystischen Bewusstsein wird die Realität direkt und unmittelbar erfasst, d.h. ohne jegliche Vermittlung, ohne symbolische Ausarbeitung, ohne Begriffsbildung oder Abstraktionen; Subjekt und Objekt werden eins in einem zeit- und raumlosen Akt, der jenseits aller Formen der Vermittlung liegt.

Die Mystiker sprechen allgemein davon, dass sie die Wirklichkeit in ihrem „So-Sein“, ihrem „Ist-Sein“, ihrem „Das-Sein“ berühren, ohne irgendwelche Vermittler, jenseits von Worten, Symbolen, Namen, Gedanken, Bildern. Wenn nun der Physiker die Quantenrealität oder die relativistische Realität „betrachtet“, so betrachtet er nicht die „Dinge an sich“, das Noumenon, die unmittelbare und unvermittelte Realität. Vielmehr blickt der Physiker auf nichts anderes als auf eine Reihe hochabstrakter Differentialgleichungen – nicht auf die „Realität“ selbst, sondern auf mathematische Symbole der Realität. Bohr: „Man muss erkennen, dass wir es hier mit einem rein symbolischen Verfahren zu tun haben… . Daher hängt unsere gesamte Raum-Zeit-Ansicht der physikalischen Phänomene letztlich von diesen Abstraktionen ab.“ Sir James Jeans wurde konkreter: In der modernen Physik, so sagt er, „können wir niemals verstehen, was Ereignisse sind, sondern müssen uns darauf beschränken, die Muster der Ereignisse in mathematischen Begriffen zu beschreiben; ein anderes Ziel ist nicht möglich.

Kurz gesagt, die Physik befasst sich mit der Welt der Schattensymbole – und kann sich nur damit befassen –, nicht mit dem Licht der Realität jenseits der Schattenhöhle. Dies ist, als kurze erste Annäherung, die allgemeine Schlussfolgerung dieser Theoretiker. Aber warum haben sich dann alle diese großen Physiker auf die eine oder andere Art der Mystik verschrieben? Offensichtlich besteht hier eine Art tiefgreifender Zusammenhang. Wir haben gesehen, dass dieser Zusammenhang nach Ansicht dieser Theoretiker nicht in einer Ähnlichkeit der Weltanschauungen zwischen Physik und Mystik liegt, noch in einer Ähnlichkeit im Ziel oder in den Ergebnissen; Zwischen Schatten und Licht kann es keine grundsätzliche Ähnlichkeit geben.
Was hat also so viele Physiker aus der Höhle gezwungen?
Was war, kurz gesagt, der entscheidende Unterschied zwischen der alten und der neuen Physik, sodass letztere viel häufiger dazu neigte, der Mystik förderlich zu sein?

Der Ausdruck Mystik (von altgriechisch μυστικός mystikós ‚geheimnisvoll‘, zu myein ‚Mund oder Augen schließen‘, Abkehr von der äußeren Welt, Sammlung und Versenkung) bezeichnet Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer göttlichen oder absoluten Wirklichkeit sowie die Bemühungen um eine solche Erfahrung.

Als Gott (weiblich: Göttin) oder Gottheit wird meist ein übernatürliches Wesen bezeichnet, das über eine große und nicht naturwissenschaftlich beschreibbare transzendente Macht verfügt. Auch die Metaphysik beschäftigt sich mit der Frage nach den Eigenschaften und der Existenz eines solchen Gottes.

Religion ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage meist der jeweilige Glaube an bestimmte transzendente Kräfte sowie häufig auch an heilige Objekte darstellt.

Transzendenz (von lateinisch transcendentia „das Übersteigen“) beschreibt den Bezug auf einen Gegenstandsbereich, der jenseits möglicher Erfahrung bzw. vorfindbarer Wirklichkeit liegt. In Philosophie, Theologie und Religionswissenschaft wird damit auf ein metaphysisches Wesen des Wirklichen an sich selbst Bezug genommen, das sich in der philosophisch-theologischen Tradition mit dem Begriff eines göttlichen, unendlichen Grundes erfahrbarer, endlicher Wirklichkeit verbindet.

Die Metaphysik (lateinisch metaphysica; griechisch μετά metá ‚danach‘, ‚hinter‘, ‚jenseits‘ und φύσις phýsis ‚Natur‘, ‚natürliche Beschaffenheit‘) ist eine Grunddisziplin der Philosophie.

Verfolgen wir die Evolution der Entwicklungspsychologie im 20. Jahrhundert, stellt sie eine Denkrichtung dar, die heute ein wichtiger Teil der integralen Philosophie des 21. Jahrhunderts geworden ist. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts hatte auch der Zweig der Psychologie seinen Ursprung, den wir heute als „Entwicklungspsychologie“ bezeichnen. Eigentlich war es der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831), der zum ersten Mal beschrieb, wie sich das Bewusstsein durch spezifische Stufen hindurch entwickelt. Er war einer der Ersten, der verstand, dass der Entwicklungsprozess oder das „Werden“ das zentrale Motiv des Universums ist. Hegel hatte ein erstes Verständnis der „hierarchischen Struktur“ der Ganzen/Teile und des dynamischen systemischen Wesens der evolutionären Grundstruktur des Universums, die sich in Transzendieren und Einbeziehen ausdrückt.

Ein weiterer früher Genius, der die Kraft des integralen Bewusstseins benutze, war der Philosoph und Psychologe James Mark Baldwin (1861 – 1934). Baldwin war ursprünglich von der Leidenschaft motiviert, den Dualismus in der Weltsicht des modernen Bewusstseins zu überwinden. Zusätzlich zu seinen frühen Entdeckungen der Entwicklungsstufen im Bewusstsein erkannte Baldwin auch getrennte, aber miteinander in Beziehung stehende Linien der Entwicklung, die in diesen Stufen in Erscheinung treten. Diese Einsichten fielen bei dem Biologen und Pionier der kognitiven Entwicklungspsychologie Jean Piaget (1896 – 1980) auf fruchtbaren Boden. Piagets Theorie der kognitiven Entwicklungslinie diente als Inspiration und Vorbild für die Forschungsarbeiten von vielen nachfolgenden Entwicklungspsychologen, die seither andere Entwicklungslinien untersucht haben, zum Beispiel Abraham Maslow, Jean Gebser, Lawrence Kohlberg oder Claire Graves.

Die Synthese einer integralen Philosophie des 21. Jahrhunderts verdanken wir dem Amerikaner Ken Wilber, indem er es verstand, viele der wichtigen Fortschritte in Wissenschaft und Philosophie, die in den letzten 25 Jahren des 20. Jahrhunderts möglich wurden, geschickt in ein Werk zu integrieren. Wilber hat ein Modell der sich entfaltenden Wirklichkeit entwickelt, das das innere Universum aus neuen und wichtigen Gesichtspunkten betrachtet.

Mit seiner Vier-Quadranten-Landkarte der universellen Entwicklung zeigt Wilber wie die Evolution der Kultur zutiefst mit der biologischen Evolution, der Evolution des individuellen Bewusstseins und der Evolution der äußeren Strukturen der menschlichen Gesellschaft verbunden ist. Was die Quadranten verbindet, sind die Ebenen der Evolution, die sich über alle vier Bereiche gleichzeitig erstrecken, und in jedem Quadranten gibt es verschiedene Entwicklungslinien, durch die hindurch sich die Evolution entfaltet. Und zusätzlich zu dem Quadranten, Ebenen und Linien erkennt Wilbers Modell auch die verschiedenen vorübergehenden Zustände und nicht-hierarchischen Typen des Bewusstseins, die im inneren Universum existieren. Durch seine Erkenntnis der Quadranten, Ebenen, Linien, Stufen und Typen versucht Wilber ein Gesamtbild aller erkennbaren Aspekte der evolutionären Entwicklung zu geben.

Das Verständnis der integralen Philosophie von kultureller Evolution macht klar, dass die Systeme neuer Weltsichten nur dann entstehen, wenn die vorhergehenden Weltsichten erfolgreich genug waren, um die bestimmte Art problematischer Lebensbedingungen hervorzubringen, die zur Entstehung der nachfolgenden Weltsicht führen kann. Da wir mehr und mehr mit den wachsenden Problemen der Welt konfrontiert sind, beginnen wir zu erkennen, dass die Lösungen dieser Probleme eine weitreichende kulturelle Evolution erfordern.

Der wirksamste Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg und Erfüllung für uns Menschen ist es, die integrale Bewusstseinsentwicklung zu verinnerlichen und zu leben.

Version:                           1.0
Name:                              Archaische Weltsicht
Erscheinungsdatum:    vor 100.000 Jahren
Erscheinungsform:       Überleben ist die gnadenlose Mission und Aufgabe der archaischen Weltsicht. Grundlegende Überlebensinstinkte sind hier vorherrschend, um die Beschaffung von Lebensnotwendigem wie Nahrung, Wasser, Schutz und Wärme sicherzustellen. Die Welt erscheint als undifferenzierte Masse sensorischer Aktivitäten. Neugeborene Säuglinge - wie der erste Homo Sapiens - haben eine archaische Weltsicht, in der keine Trennung zwischen ihnen und der Welt existiert.

Version:                           2.0
Erscheinungsdatum:    vor 50.000 Jahren
Name:                             Magische Weltsicht
Erscheinungsform:       Bei der magischen Sicht der Welt verschmelzen Subjekt und Objekt partiell, so dass »unbelebte Objekte« wie Steine und Flüsse als unmittelbar lebendig empfunden werden oder man ihnen sogar eine Seele zuschreibt. Heilige Orte, Gegenstände, Rituale, Ereignisse und Geschichten können Einfluss ausüben auf die Welt, und man muss sich immer auf sie stützen und sie schützen. Stammessitten und -gebräuche - wie Übergangsriten und jahreszeitliche Feste - gehen auf uralte Abstammungslinien zurück.

Menschen suchen durch gegenseitige Bindung Sicherheit und Beständigkeit und identifizieren sich (verschmelzen) mit einem Stamm, um Außenseiter verfolgen und sich vor ihnen schützen zu können. Sie begegnen Häuptlingen, Eltern, Ahnen, Sitten, Gebräuchen und Clans mit Loyalität und Bewunderung. Mystischen Zeichen und den Wünschen mächtiger Geistwesen muss Folge geleistet werden, damit die Sicherheit und das Wohlergehen des Stammes gewährleistet bleiben.

Version:                           3.0
Erscheinungsdatum:    vor 10.000 Jahren
Name:                             Die Weltsicht der Macht
Erscheinungsform:       Kennzeichnend für diese Weltsicht ist die Entfaltung eines Ich (Ego), das sich vom Stamm abhebt, auch wenn es impulsiv oft zugunsten seiner bevorzugten Gruppe handelt. Sich selbst als Mittelpunkt der Welt betrachtend (egozentrisch), sucht das 3.0, individualisierte Selbst seinen Willen und seine Wünsche sofort zum Ausdruck zu bringen und zu erfüllen. »Es geht um mich.« Menschen mit der Weltsicht von 3.0 planen nicht für die Zukunft, sondern agieren eher impulsiv, um zu bekommen, was sie jetzt haben wollen.

3.0 betrachtet sich als wichtigste Figur seiner eigenen Heldenreise, bei der es um mächtige Götter, Göttinnen, Menschen und Kräfte geht, auf die das Individuum gefasst sein muss. Das Leben ist ein wilder Dschungel voller Verfolger und Räuber. Um Bedrohungen zu entkommen und zu überleben, übt Rot selbst Macht aus oder verbündet sich mit mächtigen Anführern. Rot lebt und stirbt nach dem Dschungelgesetz vom »Überleben des Stärkeren«. Menschen auf dieser Ebene erledigen Dinge, indem sie andere einschüchtern und beherrschen. Wer jedoch als Individuum schwächer ist oder einer schwächeren Gruppe angehört, ist besser dran, wenn er sich einem Kriegsherrn oder Häuptling unterwirft und seinen Platz im vorherrschenden Machtgefüge akzeptiert. Dafür erhält er als Gegenleistung Schutz und seinen Anteil an der Beute.

Version:                           4.0
Erscheinungsdatum:    vor 5.000 Jahren
Name:                             Mythische Weltsicht
Erscheinungsform:       Die Götter und Göttinnen der mythischen Weltsicht regieren als tief fühlbare Mächte, die sich in die irdischen Angelegenheiten von Männern und Frauen direkt einmischen. Statt nur durch Blutsbande und Verwandtschaft verbunden zu sein, können Individuen verschiedener Stämme und Clans bei Bernstein ein und demselben Gott dienen und sich unter diesem Gott als Brüder und Schwestern fühlen.

Nach Regeln, die überlieferte Lebensweisen bewahren und für ihre Sicherheit sorgen sollen, können Menschen friedlich zusammenleben. Jedes Individuum muss für Gott und Vaterland Opfer bringen, was dem Leben Ordnung und Sinn verleiht. Unsere Opfer und unser Leid adeln uns. Die Gewalt und das Chaos der Impulse von 3.0 bedrohen diese geordnete Welt. Ordnung und Güte beruhen auf strikten Gesetzen, hart durchgreifenden Polizisten und Soldaten. Diese Menschen gelten als Helden. Wer schwer arbeitet, die Regeln befolgt und seine sozialen Pflichten erfüllt, ist ehrbar.

Regeln geben dem Leben eine klare, absolute Bedeutung, eine Richtung und einen Sinn. Es gibt höhere Prinzipien, nach denen Menschen sich richten müssen. Jeder hat in der Gesellschaft, die durch Gesetze und religiöse Gebote zusammengehalten wird, seinen angemessenen Platz. Konservativ und traditionell, legt die Weltsicht von 4.0 Gewicht auf Ordnung, Beständigkeit und Konventionen.

Polarisierte, schwarz-weiße, ethnozentrische Perspektiven herrschen vor. Menschen sind entweder gläubig oder abtrünnig, Heilige oder Sünder, für- oder gegeneinander. Autoritäten zeigen den richtigen Weg zu einem rechtschaffenen Leben auf. Schuldgefühle kontrollieren die Impulsivität durch disziplinierte Treue zu traditionellen, fest etablierten Lebensweisen. Wenn wir heute Opfer bringen und für Stabilität sorgen, zahlt sich das garantiert für die Zukunft aus. Ein glorreiches Himmelreich erwartet diejenigen, die sich eifrig an die Regeln halten, die den einzig wahren Weg markieren.

Version:                           5.0
Erscheinungsdatum:    vor 650 Jahren
Name:                             Rationale Weltsicht
Erscheinungsform:       5.0, die rationale Weltsicht der Moderne, vertritt unabhängig von Gruppenloyalitäten universelle Systeme und Prinzipien, die für alle Menschen gelten - die erste wirklich weltzentrische Sicht. Wie die Geschichte der Moderne zeigt, strebt 5.0 nach Fortschritt, Erfolg, Unabhängigkeit, Leistung, Status und Wohlstand. Die Zukunft ist durch Traditionen nicht vorherbestimmt oder festgelegt. Durch zielorientiertes Handeln heute können wir ein neues Morgen schaffen.

5.0 spielt, um auf dem Wettbewerbsmarkt der Ideen und Chancen zu gewinnen. Gewinnen beruht auf Strategien, Planung und dem Austesten der besten Lösungen. Die wissenschaftliche Methode ist beispielhaft für den Glauben von 5.0, dass der subjektive Bereich grundlegend getrennt ist vom objektiven Bereich. Der phänomenale Erfolg der Wissenschaft und Technik von 5.0 verbessert den materiellen Lebensstandard überall auf der Welt.

Version:                           6.0
Erscheinungsdatum:    1960er Jahre
Name:                             Pluralistische Weltsicht
Erscheinungsform:       Die Weltsicht von 6.0 kann aus dem monolithischen System von 5.0 heraustreten und zahlreiche verschiedene Blickwinkel einnehmen. Da 6.0 noch keine Urteile über Tiefe fällen kann, gelten hier Pluralismus und Gleichheit als die angemessensten Antworten. Im holistischen Netz des Lebens ist alles mit allem gleichermaßen verwoben. 6.0 wird aktiv, um alternative, unterrepräsentierte Minderheiten aus »der Randzone zu holen«. Die pluralistische Weltsicht bemüht sich darum, den vielen unterschiedlichen Perspektiven gleiche Anerkennung zu schenken.

6.0 trat zum ersten Mal in den 1960er-Jahren auf der Weltbühne auf. Tatsächlich tragen alle wichtigen sozialen Revolutionen jener Zeit 6.0 Fußabdrücke aus der Umweltbewegung und der ganzheitlichen Gesundheitsbewegung. Die starke pluralistische Sensibilität von 6.0 bewegt Menschen, den Horizont abzusuchen, um sicherzugehen, dass sie keine Gefühle verletzen und niemanden übergehen. Das führt oft zu politischer Korrektheit, der Betonung der Gemeinschaft und Beschlussfassung durch Übereinkunft.

Version:                           7.0
Erscheinungsdatum:    2000er Jahre
Name:                             Weltsicht der integralen Systeme
Erscheinungsform:       Wenn das Bewusstsein weiter wächst zu 7.0, nimmt es etwas ganz Wesentliches wahr: Jede Perspektive vermag einen wichtigen Aspekt der Realität besonders gut zu erfassen, wobei die Wichtigkeit der anderen Aspekte jedoch in den Hintergrund tritt oder marginalisiert wird (d.h., jede Sicht ist wahr, aber nur partiell). 7.0 erkennt auch, dass einige Sichtweisen wahrer und weniger partiell sind. Mit anderen Worten: Nicht alle Sichtweisen sind gleich; es existiert Tiefe.

Weltsichten werden jetzt als ineinander gebettete Hierarchie (oder Holarchie) von sich entwickelnder Tiefe und wachsender Komplexität wahrgenommen. 7.0 erkennt, dass weltzentrische Sichtweisen mehr Tiefe haben als ethnozentrische Sichtweisen, die wiederum mehr Tiefe haben als egozentrische Sichtweisen. Zu dieser Einschätzung kann die Weltsicht von 6.0 nicht gelangen.

7.0 erkennt auch, dass keine der vorigen Weltsichten jemals verschwinden wird. Da sie sich im evolutionären Tanz alle auf natürliche Weise entfalten, verdient jede (und alles, was existiert) Fürsorge und Respekt. 7.0 umfasst Tiefe und Breite. Die Weltsicht von 7.0 beruht auf der Fähigkeit und dem Interesse, umfassendere und vielschichtigere Perspektiven einzunehmen, die uns erlauben komplexe, miteinander zusammenhängende Systeme (ob in der Psychologie, Beziehungen, Organisationen oder globalen Organisationen) besser sehen und effektiver damit arbeiten zu können. Das bewirkt einen »gewaltigen Entwicklungssprung« in Bezug auf Klarheit, Kreativität, Effizienz und kommunikative Fähigkeiten bei Individuen, die auf der Höhe von 7.0 agieren.

Bei 7.0 treten an die Stelle von Mangelbedürfnissen Seinsbedürfnisse - Bedürfnisse, die aus der Fülle und nicht aus einem Mangel entstehen. Auf dieser Stufe betrachten Menschen »Probleme« oft als kreative Herausforderungen und suchen optimistisch nach Lösungen, bei denen alle »gewinnen«. Sie entwachsen der Opfermentalität und können mit anderen mitfühlen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren oder emotional zu verstricken. Sie haben ein umfassendes Weltbild, während sie voll und verantwortungsbewusst als die Person leben, die sie im Augenblick sind und lernen zu werden. Das Gewahrsein ist frei, das Wunder der Existenz als solcher zu genießen. Individuen haben ein gesundes Eigeninteresse und eine gesunde Selbstbezogenheit und nehmen gleichzeitig Anteil an der persönlichen Entwicklung und am Wohlbefinden aller Menschen.

Version:                           8.0
Erscheinungsdatum:    heute
Name:                             Integrale holistische Weltsicht
Erscheinungsform:       Die Weltsicht von 8.0 erkennt noch tiefer, dass alle Ideen Konstrukte sind, und das gilt sogar für das eigene Ich-Gefühl. Wenn diese Ebene des Bewusstseins dämmert, erkennen Menschen die automatische Begrenztheit aller gedanklichen Prozesse. Und sie entwickeln eine natürliche Vorliebe nicht für eine bestimmte Perspektive, sondern für den Raum, in dem alle Perspektiven entstehen. 8.0 hat die Fähigkeit, die der Erfahrung innewohnenden Mysterien mit Hilfe einer Vielzahl sich ergänzender Werkzeuge zu interpretieren. Menschen auf dieser Stufe schätzen die Tugenden jeder Bewusstseinsebene, ohne blind für deren Begrenztheiten zu sein.

8.0 bringt nicht nur ein zunehmendes systemisches Bewusstsein mit sich, sondern auch die Tendenz, sich mit diesen Systemen statt mit dem individuellen Selbst zu identifizieren. Hier liegt der Anfang für transpersonale Formen von Gewahrsein. Individuen auf der Höhe von 8.0 können sich im Wachzustand mit der Natur oder GEIST identifizieren oder »eins« fühlen, und sind durch diese Fülle motiviert. Diesen Menschen fällt es oft schwer, Gleichgesinnte zu finden, die sie verstehen und für die ganze Fülle ihrer Vieldimensionalität und die Tiefe ihres Gewahrseins Sympathie aufbringen können. Selbst in ihrem Alltagsdenken berücksichtigen sie in wachsendem Maße nicht nur unsere multidimensionale Komplexität, sondern auch die grundlegende Einheit aller Menschen, Geschöpfe und lebenden Systeme. Sie entwickeln noch stärkeres Interesse an und Engagement für den Prozess des Erwachens und den Dienst für andere und für die Welt.

Version:                           9.0

Erscheinungsdatum:    im Entstehen
Name:                             Über-integrale Weltsicht
Erscheinungsform:       9.0 ist die erste wirklich transpersonale Weltsicht, was heißt, dass die Selbstwahrnehmung einer Person über das Persönliche hinausgeht. Sie geht über die ausschließliche Identifikation mit der Persönlichkeit hinaus, während sie diese in ihrer unverkennbaren Einzigartigkeit mit einschließt. Die Weltsicht von 9.0 beruht im Wesentlichen darauf, dass sie die Trennung von Subjekt und Objekt zu transzendieren beginnt. Beide, so erkennt das Individuum hier, entstehen in gegenseitiger Verbundenheit als Einheit. Kennzeichnend für diese Ebene ist auch der Wechsel zu einer höchst intuitiven, flexiblen und fließenden Beziehung zu Erfahrungen und Phänomenen. Aus der Sicht von 9.0 ist die Welt ein radikal miteinander verbundenes Gewebe, eine Ökologie von Strömen von Licht, Leben, Gedanken, Materie, Energie, Zeit und Raum.

Ganzheiten werden blitzartig intuitiv erfasst. 8.0 denkt durch Sehen (Schau-Logik), während 9.0 Ganzheiten einfach sieht, ohne die Dinge miteinander verbinden zu müssen. Systemische und transpersonale Ganzheiten tauchen einfach auf, einschließlich ökologischer, politischer und kultureller Ganzheiten, die das Individuum transzendieren. Das eigene Selbstgefühl öffnet sich in diese größeren Systeme hinein, identifiziert sich mit ihnen und ist häufig verbunden mit einem tiefen Gefühl von Einssein, vor allem im Wachzustand und im grobstofflichen Reich.

Die Weltsicht von 9.0 durchschaut nicht nur das grobstofflich orientierte Ego-Selbst, das sich für den Mittelpunkt und fest verankerten Bezugspunkt hält, von dem aus es den komplexen Tanz von Beziehungen, Prozessen und Erfahrungen ständig betrachtet, sondern lässt dieses auch los. Das verringert die Spannung oder den Stress, die auf der Trennung zwischen Individualität und verbundenem Einssein beruhen. Für 9.0 spielt sich das Leben auf einer radikal elastischen Zeitskala ab, die von Minuten zu Jahren zu Jahrtausenden zur Tiefenzeit zu radikaler Zeitlosigkeit oder reiner Ewigkeit reicht. Individuen mit der Weltsicht von 9.0 ruhen im Kosmos, im natürlichen Fluss von Geburt, Wachsen, Altern, Tod, Freude und Leid.

Der Zugang zur neu entstehenden Weltsicht des integralen Bewusstseins eröffnet sich nicht nur durch ein Wissen über Stufen, sondern indem wir uns persönlich mit den Werten des integralen Bewusstseins identifizieren und indem wir die Kraft der integralen Perspektive als eine Praxis anwenden, die das Bewusstsein in uns selbst und anderen weiterentwickelt. Das Wissen über die Entwicklungsspirale kann zwar die kognitive Ebene unseres Bewusstseins entwickeln, aber um unseren „Schwerpunkt“ zum integralen Bewusstsein zu heben, müssen wir nicht nur unser Denken entwickeln, sondern auch unsere Werte und den Fokus unserer Aufmerksamkeit. Wir müssen die vertikale Perspektive des integralen Bewusstseins umfassen, sowohl mit unseren Gefühlen und unseren Absichten, als auch mit unseren Gedanken.

Wie Meter Entfernungen messen oder Grade die Wärme, so messen Bewusstseinsebenen die Menge der Bewusstheit oder des Bewusstseins, das in jeder spezifischen Stufe/Ebene der Ströme/Linien gegenwärtig ist.

Wilber erklärt, dass sein Verständnis des Bewusstseins als „leer“ im Einklang steht mit den Schulen des Buddhismus, die zeigen, dass wir, wenn wir das Bewusstsein überhaupt in Konzepte fassen können, es nur als reine Leerheit bezeichnen können, die ohne bestimmte Merkmale ist, aber die erlaubt, dass bestimmte Merkmale in der manifesten Welt erscheinen. Das ist der Grund, warum niemand bisher das Bewusstsein befriedigend definieren konnte – es existiert nicht, sondern ist der Raum, in dem die Dinge existieren. Und eine „Bewusstseinsebene“ ist ein Maß für die Weite des Raumes, in dem sie existieren.

5. Sie glauben, dass Erwachsene sich weiterentwickeln, und Sie wissen, dass es im Leben mehr gibt als das, was Sie in der Populärkultur sehen.

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