Integrales Bewusstsein – Integrale Strukturen des menschlichen Bewusstseins

Version:                           1.0
Name:                              Archaische Weltsicht
Erscheinungsdatum:    vor 100.000 Jahren
Erscheinungsform:       Überleben ist die gnadenlose Mission und Aufgabe der archaischen Weltsicht. Grundlegende Überlebensinstinkte sind hier vorherrschend, um die Beschaffung von Lebensnotwendigem wie Nahrung, Wasser, Schutz und Wärme sicherzustellen. Die Welt erscheint als undifferenzierte Masse sensorischer Aktivitäten. Neugeborene Säuglinge - wie der erste Homo Sapiens - haben eine archaische Weltsicht, in der keine Trennung zwischen ihnen und der Welt existiert.

Version:                           2.0
Erscheinungsdatum:    vor 50.000 Jahren
Name:                             Magische Weltsicht
Erscheinungsform:       Bei der magischen Sicht der Welt verschmelzen Subjekt und Objekt partiell, so dass »unbelebte Objekte« wie Steine und Flüsse als unmittelbar lebendig empfunden werden oder man ihnen sogar eine Seele zuschreibt. Heilige Orte, Gegenstände, Rituale, Ereignisse und Geschichten können Einfluss ausüben auf die Welt, und man muss sich immer auf sie stützen und sie schützen. Stammessitten und -gebräuche - wie Übergangsriten und jahreszeitliche Feste - gehen auf uralte Abstammungslinien zurück.

Menschen suchen durch gegenseitige Bindung Sicherheit und Beständigkeit und identifizieren sich (verschmelzen) mit einem Stamm, um Außenseiter verfolgen und sich vor ihnen schützen zu können. Sie begegnen Häuptlingen, Eltern, Ahnen, Sitten, Gebräuchen und Clans mit Loyalität und Bewunderung. Mystischen Zeichen und den Wünschen mächtiger Geistwesen muss Folge geleistet werden, damit die Sicherheit und das Wohlergehen des Stammes gewährleistet bleiben.

Version:                           3.0
Erscheinungsdatum:    vor 10.000 Jahren
Name:                             Die Weltsicht der Macht
Erscheinungsform:       Kennzeichnend für diese Weltsicht ist die Entfaltung eines Ich (Ego), das sich vom Stamm abhebt, auch wenn es impulsiv oft zugunsten seiner bevorzugten Gruppe handelt. Sich selbst als Mittelpunkt der Welt betrachtend (egozentrisch), sucht das rote, individualisierte Selbst seinen Willen und seine Wünsche sofort zum Ausdruck zu bringen und zu erfüllen. »Es geht um mich.« Menschen mit der Weltsicht von Rot planen nicht für die Zukunft, sondern agieren eher impulsiv, um zu bekommen, was sie jetzt haben wollen.

3.0 betrachtet sich als wichtigste Figur seiner eigenen Heldenreise, bei der es um mächtige Götter, Göttinnen, Menschen und Kräfte geht, auf die das Individuum gefasst sein muss. Das Leben ist ein wilder Dschungel voller Verfolger und Räuber. Um Bedrohungen zu entkommen und zu überleben, übt Rot selbst Macht aus oder verbündet sich mit mächtigen Anführern. Rot lebt und stirbt nach dem Dschungelgesetz vom »Überleben des Stärkeren«. Menschen auf dieser Ebene erledigen Dinge, indem sie andere einschüchtern und beherrschen. Wer jedoch als Individuum schwächer ist oder einer schwächeren Gruppe angehört, ist besser dran, wenn er sich einem Kriegsherrn oder Häuptling unterwirft und seinen Platz im vorherrschenden Machtgefüge akzeptiert. Dafür erhält er als Gegenleistung Schutz und seinen Anteil an der Beute.

Version:                           4.0
Erscheinungsdatum:    vor 5.000 Jahren
Name:                             Mythische Weltsicht
Erscheinungsform:       Die Götter und Göttinnen der mythischen Weltsicht regieren als tief fühlbare Mächte, die sich in die irdischen Angelegenheiten von Männern und Frauen direkt einmischen. Statt nur durch Blutsbande und Verwandtschaft verbunden zu sein, können Individuen verschiedener Stämme und Clans bei Bernstein ein und demselben Gott dienen und sich unter diesem Gott als Brüder und Schwestern fühlen.

Nach Regeln, die überlieferte Lebensweisen bewahren und für ihre Sicherheit sorgen sollen, können Menschen friedlich zusammenleben. Jedes Individuum muss für Gott und Vaterland Opfer bringen, was dem Leben Ordnung und Sinn verleiht. Unsere Opfer und unser Leid adeln uns. Die Gewalt und das Chaos der Impulse von 3.0 bedrohen diese geordnete Welt. Ordnung und Güte beruhen auf strikten Gesetzen, hart durchgreifenden Polizisten und Soldaten. Diese Menschen gelten als Helden. Wer schwer arbeitet, die Regeln befolgt und seine sozialen Pflichten erfüllt, ist ehrbar.

Regeln geben dem Leben eine klare, absolute Bedeutung, eine Richtung und einen Sinn. Es gibt höhere Prinzipien, nach denen Menschen sich richten müssen. Jeder hat in der Gesellschaft, die durch Gesetze und religiöse Gebote zusammengehalten wird, seinen angemessenen Platz. Konservativ und traditionell, legt die Weltsicht von 4.0 Gewicht auf Ordnung, Beständigkeit und Konventionen.

Polarisierte, schwarz-weiße, ethnozentrische Perspektiven herrschen vor. Menschen sind entweder gläubig oder abtrünnig, Heilige oder Sünder, für- oder gegeneinander. Autoritäten zeigen den richtigen Weg zu einem rechtschaffenen Leben auf. Schuldgefühle kontrollieren die Impulsivität durch disziplinierte Treue zu traditionellen, fest etablierten Lebensweisen. Wenn wir heute Opfer bringen und für Stabilität sorgen, zahlt sich das garantiert für die Zukunft aus. Ein glorreiches Himmelreich erwartet diejenigen, die sich eifrig an die Regeln halten, die den einzig wahren Weg markieren.

Version:                           5.0
Erscheinungsdatum:    vor 650 Jahren
Name:                             Rationale Weltsicht
Erscheinungsform:       5.0, die rationale Weltsicht der Moderne, vertritt unabhängig von Gruppenloyalitäten universelle Systeme und Prinzipien, die für alle Menschen gelten - die erste wirklich weltzentrische Sicht. Wie die Geschichte der Moderne zeigt, strebt 5.0 nach Fortschritt, Erfolg, Unabhängigkeit, Leistung, Status und Wohlstand. Die Zukunft ist durch Traditionen nicht vorherbestimmt oder festgelegt. Durch zielorientiertes Handeln heute können wir ein neues Morgen schaffen.

5.0 spielt, um auf dem Wettbewerbsmarkt der Ideen und Chancen zu gewinnen. Gewinnen beruht auf Strategien, Planung und dem Austesten der besten Lösungen. Die wissenschaftliche Methode ist beispielhaft für den Glauben von 5.0, dass der subjektive Bereich grundlegend getrennt ist vom objektiven Bereich. Der phänomenale Erfolg der Wissenschaft und Technik von 5.0 verbessert den materiellen Lebensstandard überall auf der Welt.

Version:                           6.0
Erscheinungsdatum:    1960er Jahre
Name:                             Pluralistische Weltsicht
Erscheinungsform:       Die Weltsicht von 6.0 kann aus dem monolithischen System von 5.0 heraustreten und zahlreiche verschiedene Blickwinkel einnehmen. Da 6.0 noch keine Urteile über Tiefe fällen kann, gelten hier Pluralismus und Gleichheit als die angemessensten Antworten. Im holistischen Netz des Lebens ist alles mit allem gleichermaßen verwoben. 6.0 wird aktiv, um alternative, unterrepräsentierte Minderheiten aus »der Randzone zu holen«. Die pluralistische Weltsicht bemüht sich darum, den vielen unterschiedlichen Perspektiven gleiche Anerkennung zu schenken.

6.0 trat zum ersten Mal in den 1960er-Jahren auf der Weltbühne auf. Tatsächlich tragen alle wichtigen sozialen Revolutionen jener Zeit 6.0 Fußabdrücke aus der Umweltbewegung und der ganzheitlichen Gesundheitsbewegung. Die starke pluralistische Sensibilität von 6.0 bewegt Menschen, den Horizont abzusuchen, um sicherzugehen, dass sie keine Gefühle verletzen und niemanden übergehen. Das führt oft zu politischer Korrektheit, der Betonung der Gemeinschaft und Beschlussfassung durch Übereinkunft.

Version:                           7.0
Erscheinungsdatum:    2000er Jahre
Name:                             Weltsicht der integralen Systeme
Erscheinungsform:       Wenn das Bewusstsein weiter wächst zu 7.0, nimmt es etwas ganz Wesentliches wahr: Jede Perspektive vermag einen wichtigen Aspekt der Realität besonders gut zu erfassen, wobei die Wichtigkeit der anderen Aspekte jedoch in den Hintergrund tritt oder marginalisiert wird (d.h., jede Sicht ist wahr, aber nur partiell). 7.0 erkennt auch, dass einige Sichtweisen wahrer und weniger partiell sind. Mit anderen Worten: Nicht alle Sichtweisen sind gleich; es existiert Tiefe.

Weltsichten werden jetzt als ineinander gebettete Hierarchie (oder Holarchie) von sich entwickelnder Tiefe und wachsender Komplexität wahrgenommen. 7.0 erkennt, dass weltzentrische Sichtweisen mehr Tiefe haben als ethnozentrische Sichtweisen, die wiederum mehr Tiefe haben als egozentrische Sichtweisen. Zu dieser Einschätzung kann die Weltsicht von 6.0 nicht gelangen.

7.0 erkennt auch, dass keine der vorigen Weltsichten jemals verschwinden wird. Da sie sich im evolutionären Tanz alle auf natürliche Weise entfalten, verdient jede (und alles, was existiert) Fürsorge und Respekt. 7.0 umfasst Tiefe und Breite. Die Weltsicht von 7.0 beruht auf der Fähigkeit und dem Interesse, umfassendere und vielschichtigere Perspektiven einzunehmen, die uns erlauben komplexe, miteinander zusammenhängende Systeme (ob in der Psychologie, Beziehungen, Organisationen oder globalen Organisationen) besser sehen und effektiver damit arbeiten zu können. Das bewirkt einen »gewaltigen Entwicklungssprung« in Bezug auf Klarheit, Kreativität, Effizienz und kommunikative Fähigkeiten bei Individuen, die auf der Höhe von 7.0 agieren.

Bei 7.0 treten an die Stelle von Mangelbedürfnissen Seinsbedürfnisse - Bedürfnisse, die aus der Fülle und nicht aus einem Mangel entstehen. Auf dieser Stufe betrachten Menschen »Probleme« oft als kreative Herausforderungen und suchen optimistisch nach Lösungen, bei denen alle »gewinnen«. Sie entwachsen der Opfermentalität und können mit anderen mitfühlen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren oder emotional zu verstricken. Sie haben ein umfassendes Weltbild, während sie voll und verantwortungsbewusst als die Person leben, die sie im Augenblick sind und lernen zu werden. Das Gewahrsein ist frei, das Wunder der Existenz als solcher zu genießen. Individuen haben ein gesundes Eigeninteresse und eine gesunde Selbstbezogenheit und nehmen gleichzeitig Anteil an der persönlichen Entwicklung und am Wohlbefinden aller Menschen.

Version:                           8.0
Erscheinungsdatum:    heute
Name:                             Integrale holistische Weltsicht
Erscheinungsform:       Die Weltsicht von 8.0 erkennt noch tiefer, dass alle Ideen Konstrukte sind, und das gilt sogar für das eigene Ich-Gefühl. Wenn diese Ebene des Bewusstseins dämmert, erkennen Menschen die automatische Begrenztheit aller gedanklichen Prozesse. Und sie entwickeln eine natürliche Vorliebe nicht für eine bestimmte Perspektive, sondern für den Raum, in dem alle Perspektiven entstehen. 8.0 hat die Fähigkeit, die der Erfahrung innewohnenden Mysterien mit Hilfe einer Vielzahl sich ergänzender Werkzeuge zu interpretieren. Menschen auf dieser Stufe schätzen die Tugenden jeder Bewusstseinsebene, ohne blind für deren Begrenztheiten zu sein.

8.0 bringt nicht nur ein zunehmendes systemisches Bewusstsein mit sich, sondern auch die Tendenz, sich mit diesen Systemen statt mit dem individuellen Selbst zu identifizieren. Hier liegt der Anfang für transpersonale Formen von Gewahrsein. Individuen auf der Höhe von 8.0 können sich im Wachzustand mit der Natur oder GEIST identifizieren oder »eins« fühlen, und sind durch diese Fülle motiviert. Diesen Menschen fällt es oft schwer, Gleichgesinnte zu finden, die sie verstehen und für die ganze Fülle ihrer Vieldimensionalität und die Tiefe ihres Gewahrseins Sympathie aufbringen können. Selbst in ihrem Alltagsdenken berücksichtigen sie in wachsendem Maße nicht nur unsere multidimensionale Komplexität, sondern auch die grundlegende Einheit aller Menschen, Geschöpfe und lebenden Systeme. Sie entwickeln noch stärkeres Interesse an und Engagement für den Prozess des Erwachens und den Dienst für andere und für die Welt.

Version:                           9.0

Erscheinungsdatum:    im Entstehen
Name:                             Über-integrale Weltsicht
Erscheinungsform:       9.0 ist die erste wirklich transpersonale Weltsicht, was heißt, dass die Selbstwahrnehmung einer Person über das Persönliche hinausgeht. Sie geht über die ausschließliche Identifikation mit der Persönlichkeit hinaus, während sie diese in ihrer unverkennbaren Einzigartigkeit mit einschließt. Die Weltsicht von 9.0 beruht im Wesentlichen darauf, dass sie die Trennung von Subjekt und Objekt zu transzendieren beginnt. Beide, so erkennt das Individuum hier, entstehen in gegenseitiger Verbundenheit als Einheit. Kennzeichnend für diese Ebene ist auch der Wechsel zu einer höchst intuitiven, flexiblen und fließenden Beziehung zu Erfahrungen und Phänomenen. Aus der Sicht von 9.0 ist die Welt ein radikal miteinander verbundenes Gewebe, eine Ökologie von Strömen von Licht, Leben, Gedanken, Materie, Energie, Zeit und Raum.

Ganzheiten werden blitzartig intuitiv erfasst. 8.0 denkt durch Sehen (Schau-Logik), während 9.0 Ganzheiten einfach sieht, ohne die Dinge miteinander verbinden zu müssen. Systemische und transpersonale Ganzheiten tauchen einfach auf, einschließlich ökologischer, politischer und kultureller Ganzheiten, die das Individuum transzendieren. Das eigene Selbstgefühl öffnet sich in diese größeren Systeme hinein, identifiziert sich mit ihnen und ist häufig verbunden mit einem tiefen Gefühl von Einssein, vor allem im Wachzustand und im grobstofflichen Reich.

Die Weltsicht von 9.0 durchschaut nicht nur das grobstofflich orientierte Ego-Selbst, das sich für den Mittelpunkt und fest verankerten Bezugspunkt hält, von dem aus es den komplexen Tanz von Beziehungen, Prozessen und Erfahrungen ständig betrachtet, sondern lässt dieses auch los. Das verringert die Spannung oder den Stress, die auf der Trennung zwischen Individualität und verbundenem Einssein beruhen. Für 9.0 spielt sich das Leben auf einer radikal elastischen Zeitskala ab, die von Minuten zu Jahren zu Jahrtausenden zur Tiefenzeit zu radikaler Zeitlosigkeit oder reiner Ewigkeit reicht. Individuen mit der Weltsicht von 9.0 ruhen im Kosmos, im natürlichen Fluss von Geburt, Wachsen, Altern, Tod, Freude und Leid.

Integrale Strukturen des menschlichen Bewusstseins

Der Zugang zur neu entstehenden Weltsicht des integralen Bewusstseins eröffnet sich nicht nur durch ein Wissen über Stufen, sondern indem wir uns persönlich mit den Werten des integralen Bewusstseins identifizieren und indem wir die Kraft der integralen Perspektive als eine Praxis anwenden, die das Bewusstsein in uns selbst und anderen weiterentwickelt. Das Wissen über die Entwicklungsspirale kann zwar die kognitive Ebene unseres Bewusstseins entwickeln, aber um unseren „Schwerpunkt“ zum integralen Bewusstsein zu heben, müssen wir nicht nur unser Denken entwickeln, sondern auch unsere Werte und den Fokus unserer Aufmerksamkeit. Wir müssen die vertikale Perspektive des integralen Bewusstseins umfassen, sowohl mit unseren Gefühlen und unseren Absichten, als auch mit unseren Gedanken.

Wie Meter Entfernungen messen oder Grade die Wärme, so messen Bewusstseinsebenen die Menge der Bewusstheit oder des Bewusstseins, das in jeder spezifischen Stufe/Ebene der Ströme/Linien gegenwärtig ist.

Wilber erklärt, dass sein Verständnis des Bewusstseins als „leer“ im Einklang steht mit den Schulen des Buddhismus, die zeigen, dass wir, wenn wir das Bewusstsein überhaupt in Konzepte fassen können, es nur als reine Leerheit bezeichnen können, die ohne bestimmte Merkmale ist, aber die erlaubt, dass bestimmte Merkmale in der manifesten Welt erscheinen. Das ist der Grund, warum niemand bisher das Bewusstsein befriedigend definieren konnte – es existiert nicht, sondern ist der Raum, in dem die Dinge existieren. Und eine „Bewusstseinsebene“ ist ein Maß für die Weite des Raumes, in dem sie existieren.

Sie werden nicht dadurch bewusst, indem Sie nur eine oder zwei Reden hören. Es ist ein Feuer das aufgebaut werden muss, und SIE müssen es schüren. Sie müssen beginnen, wie klein auch immer, bewusst zu sein.
Und dies können Sie sein wenn Sie sprechen, wenn Sie lachen, wenn Sie in Kontakt mit Menschen kommen oder wenn Sie still sind.
Diese Bewusstheit wird zur Flamme, und diese Flamme verzehrt jegliche Angst, die Isolierung verursacht.
Der Geist muss sich spontan sich selbst offenbaren, und dies ist nicht nur einigen wenigen gegeben; es ist auch keine Unmöglichkeit.

Jiddu Krishnamurti
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